Es war einmal ein Mühlenberger Loch
Die heutige Elbinsel Neßsand entstand durch Sandaufspülungen der beiden Inseln Hanskalbsand und Schweinesand in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Neßsand liegt unterhalb des Mühlenberger Lochs gegenüber von Wittenberge. Der nordöstliche Teil bildet gemeinsam mit den Resten des Mühlenbergers Lochs das Hamburger Naturschutzgebiet Mühlenberger Loch/Neßsand Die Insel ist unbedeicht und der natürlichen Dynamik von Ebbe und Flut ausgesetzt. So konnte sich eine abwechs-lungsreiche und artenreiche Natur entwickeln mit Süßwasserwatten, Auewäldern, Prielen und Trockenrasen. Durch den starken Gezeitenstrom am Hauptfahrwasser der Elbe entstand am Nordufer ein langer Sandstrand. Wind, Wellen und die Tide gestalten diesen Bereich immer wieder neu, führen zu Abbrüchen und Umlagerungen.
Das südliche Ufer zeigt ein anderes Erscheinungsbild. Hier fließt das Elbwasser langsamer.
In den Buchten bilden sich ausgedehnte Schlickwattfläcchen mit dicht bewachsenen Röhrichtbeständen. Besonders artenreich ist die Avifauna mit 150 verschiedenen Brut- und Zugvögeln.
Pflanzen wie die Sumpfdotterblume und der Schlangenlauch finden hier ideale Lebensbedingungen. Im Uferbereich wächst auch eine besonders seltene Pflanze, die Wiebelschmiele. Sie kommt nur noch im Süßwasserwatt der Elbe vor, sonst nirgends auf der Welt. Das angrenzende Mühlenberger Loch liegt unterhalb der ehemaligen Elbinsel Finkenwerder, gegenüber von Blankenese. Das Flussgebiet umfasst eine weite Bucht südlich vom Hauptstrom der hier knapp 3 Kilometer breiten Elbe. Es ist das größte Süßwasserwatt Europas. Es dient Zugvögeln als Ruhe und Nahrungsraum. Besonders die hohe Anzahl von rastenden Krick- und Löffelenten führten zur Anerkennung als Vogelschutzgebiet von internationalem Rang nach den Kriterien von Ramsar.
Es ist ein einmaliger Lebensraum für seltene Pflanzen und Tiere und eine der wichtigsten Drehscheiben des Vogelzuges in Norddeutschland. Außerdem ist die Elbbucht für Fische Kinderstube und Rückzugsgebiet, wenn sommers im vertieften Fahrwasser und Hafen Sauerstoffmangel herrscht.

Das tideabhängige Watt stand unter fünffachem Schutz: als Landschafts- und Vogelschutzgebiet, als Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung, als europäisches Flora-Fauna-Habitat, als EU-Schutzgebiet Natura 2000 und schließlich als Feuchtgebiet von von globaler Bedeutung nach der internationalen Ramsar-Konvention. Umso erstaunlicher, wie schnell für eine Teilfläche diese Naturschutzrichtlinien ausgehebelt wurden.

Baggerschiffe, Kräne und Arbeitsschiffe verwandeln 2001 das idyllische Mühlenberger Loch in eine gigantische Baustelle. Hier entsteht auf ca. 180 ha die Erweiterungsfläche des Finkenwerder Airbuswerkes für den Produktionsanteil an dem Großraumflugzeug A380.
Die Hansestadt Hamburg erhielt durch Intervention des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder trotz der naturschutzfachlichen Bedeutung des Gebietes die Genehmigung, das Bauvorhaben zu realisieren. Im Gegenzug verpflichtete sich die Stadt, Ausgleichsflächen zu schaffen. Das ist bisher nicht gelungen. Umweltverbände bezweifeln, dass ein Ausgleich für diesen massiven Eingriff in das hochsensible und extrem seltene Sußwasserwattbiotop jemals angemessen ausgeglichen werden kann.

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